„dArts“

ein Film von Giovanni Di Stefano. Mit Michèle Salmony Di Stefano und Giovanni Di Stefano.
Der Künstler zeigt in seinem Film die Entstehung des Bildes „dArts“. Ein ungeschönter und authentischer Bericht über sein Arbeiten, untermalt mit Musik,von ihm komponiert und vertont.

<<Dass wir überhaupt diesen Film drehen und die Dartschüsse so dokumentieren, hat damit zu tun, dass das Ereignis – l’Evento auf Italienisch – das ästhetische Kernstück der eventualistischen Kunst ist: dieser Moment der unmittelbaren Reaktion auf die Aufgabe. Die Person, hier Giovanni, ist mit ihrer ganzen Persönlichkeit derart eingebunden in das Ereignis, dass sie gar nicht anders kann, als ihre Identität und Authentizität auszudrücken.
Schauen wir ihm nun zu, wie er trifft, wie er verfehlt – hoch konzentriert und immer in der Hoffnung, die Aufgabe auf Anhieb richtig zu erfüllen: mit dem Dart die Schachtel in der Mitte zu treffen.>>

Edition „visarte region basel 2015“.

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Strappi

Vier Personen zerreissen je vier Blätter.
Daraus entstand ein spannender Film und ein grosses faszinierendes Bild.

Zerreissen

Zerreissen drückt normalerweise eine Negation aus: wir zerreissen aus Zorn oder Enttäuschung ein Blatt Papier, auf welchem wir etwas geschrieben haben, das wir für fehlerhaft halten; wir zerreissen ein Foto, das wir nicht mehr sehen möchten, zerreissen ein Papier voller Kritzeleien, die wir während einer langweiligen Sitzung gemacht haben und derer wir uns schämen. Diese Aktion schliesst häufig damit ab, dass wir die „Reste“ von uns werfen – weg in einen Papierkorb, denn mit dem Zerreissen haben wir die Blätter noch nicht wirklich vernichtet, sondern bloss verändert. Der fehlerhafte Brief und das Foto bleiben weiterhin sichtbar, da wir sie nur in Stücke geteilt haben, so dass sie theoretisch wieder zusammengesetzt werden könnten. In diesem Falle würden Foto oder Brief von Linien durchquert, welche wir geschaffen hatten, in dem wir sie in Stücke rissen.
Die Gesten des Reissens
Diese Linien der Risse sind – mehr als das zerrissene Blatt – ein unbeabsichtigtes, d.h. auch spontanes Abfallprodukt, dem wir keinerlei Wert oder Bedeutung beimessen; auch den Bewegungen, mit denen die Risse ausgeführt werden, schenken wir keine besondere Aufmerksamkeit. Doch, würden wir eine Sammlung der „unwichtigen“ Gesten aus unserem Alltag anlegen können, entdeckten wir nicht nur (wie Freud es beschrieben hat), dass sie aufgeladen sind mit Bedeutung, sondern auch, dass sie eine Faszination enthalten, die es nicht verdient, in den Papierkorb geworfen zu werden.

In der Ausstellung ist der Film 48 strappi zu sehen. Er zeigt vier Personen, die die Aufgabe haben, je vier Blätter, eines nach dem anderen, in vier gleiche Teile zu zerreissen. Die Ausführenden sind: Evi Burkhalter, Giovanni Di Stefano, Adrian Rapp und Michèle M. Salmony Di Stefano. Sich selber gleichen: Im ersten Teil kann man jede Person einzeln bei ihren vier Zerreissaktionen beobachten und, da auf dem viergeteilten Bildschirm die vier Aktionen gleichzeitig zu sehen sind, diese miteinander vergleichen: Die Hypothese hinter dieser Arbeit ist, dass auch mit den unbedeutendsten Gesten eine Arbeitsmethode zur Anwendung kommt, die sich aus der eigenen Erfahrung und Persönlichkeit entwickelt. Im Film äussert sich das in einem wiedererkennbaren Stil; in vielen Fällen macht dieselbe Person dieselben Gesten in derselben Zeit, und jede Person hat eine eigene Mimik und eine eigene Gestik. Sich von den anderen unterscheiden: Die je eigene Gestik ist im zweiten Teil des Filmes eindrücklich zu sehen: dasselbe Filmmaterial ist so montiert, dass auf dem viergeteilten Bildschirm die vier Personen gleichzeitig bei ihrer Arbeit beobachtet und verglichen werden können. In ihrem je eigenen Stil unterscheiden sie sich in dieser doch sehr einfachen Handlung des Zerreissens enorm.
Natürlich entsprechen unterschiedlicher Gestik unterschiedliche Resultate: In der Ausstellung sind die 16 zerrissenen Blätter zu einem grossen Bild zusammengefügt worden: ein starker visueller Eindruck ergibt sich aus dieser Einheit, in welcher der Unterschied von Individuum zu Individuum ganz klar sichtbar bleib. Ein unendliches Werk Wiederum geht es auch bei dieser Arbeit nicht darum, die Einzigartigkeit des Künstlers vorzuführen, sondern darum, der Spontaneität und deren Schönheit auf die Spur zu kommen. Da Spontaneität nicht eine künstlerische Exklusivität ist, sondern ein Allgemeingut, dessen jede Person fähig ist, hat auch diese Ausstellung wieder die Funktion der: Einladung an das Publikum zum Handeln. Wenn die einmal ausgearbeitete Idee die Teilnahme des Künstler am Werk nicht mehr benötigt, wird das Werk virtuell unendlich: Es deckt sich nicht mit den bei der Realisierung entstandenen Objekten (hier: Film und Bild), die das Ereignis der Ausführung nur dokumentieren, sondern deckt sich mit dem Ereignis (Evento) selber, d.h. mit dem Moment, in dem jemand irgendwo diese Idee realisiert.


Due linee



Aste 2013