Pressetext
Proiezioni
Video, Drucke und Bilder
Diese 6. Ausstellung im spazio.gds wird das Basler Publikum überraschen: nicht strenge geometrische Formen, die mit spontanen Gesten des Publikums oder des Künstlers in einem Spannungsverhältnis stehen, sondern Bilder, Drucke und Filme, die nach einigen Minuten des Betrachtens seltsame Gestalten oder gar Tiere erscheinen lassen.
[soliloquy id=“2731″]Das Publikum betrachtet
Eine weitere Überraschung ist wahrscheinlich, dass das Publikum nicht aufgefordert wird, ein Projekt von Di Stefano zu realisieren, sondern die traditionellere Rolle des Betrachters, der Betrachterin zu übernehmen.
Das Publikum gibt dem Sinnlosen Sinn
Die Bilder wurden mit einer Zufallsmethode geschaffen. Zu Gunsten eines möglichst „neutralen“ Stimulus für die Reaktionen hat der Künstler also noch radikaler auf persönlichen Ausdruck verzichtet. So ist der kreative Aspekt des ästhetischen Prozesses nun noch mehr an die Betrachtenden delegiert: an ihre Fantasie wird tatsächlich die Aufgabe gestellt, den Bildern, die keinen Sinn haben, Sinn zu verleihen.
Das Publikum bestimmt den Projektverlauf
Alle Besucherinnen und Besucher sind aufgefordert, ein Bild auszuwählen, in dem sie Dinge zu erkennen glauben. Auf transparentem Papier können sie das Erkannte durchpausen. Diese Reaktionen werden in die Ausstellung integriert. Zudem sind sie wegweisend für die Entwicklung des Projektes: der Künstler wird sie auswerten und Bilder zu schaffen versuchen, welche die Phantasie so wirksam wie möglich stimulieren. So bestimmt das Publikum die künftige Entwicklung des Werkes!
Projektionen – Sigmund Freud
Der Titel Proiezioni knüpft an den Film an, ist aber auch Hommage an Sigmund Freud. Er meint mit dem Begriff Projektion u.a. einen Abwehrmechanismus, der verdrängte Bedürfnisse (u.a. Triebimpulse, minderwertig scheinende Eigenschaften, Wünsche) zur Entlastung nach aussen projiziert. Diese Projektionen sind nicht nur ein Verteidigungsmechanismus, sondern sind wirklich eine „eigene“ Art, die Welt zu interpretieren!
Realität entsteht durch Interpretation
Die Interpretation der Realität ist an unsere Bedürfnisse und Erfahrungen gebunden. Während z. B. eine Metzgerin in einem Tintenklecks ein Huhn zu erkennen glaubt, sieht ein Tänzer ein tanzendes Paar. Das Bedürfnis, das Unbekannte zu interpretieren, ist uns angeboren; nur indem wir die Realität wiedererkennen, können wir in ihr handeln. Die Interpretation von Flecken ohne Sinn hat so Bedeutung nicht nur in Kunst und Psychologie, sondern ganz allgemein: in der Betrachtung der Wolken zum Beispiel. Und dann gibt es auch seit jeher jene, die uns die Zukunft aus Eingeweiden, Kaffeesatz und Vogelschwärmen lesen.
Von Leonardo da Vinci bis Rorschach
Schon Leonardo schrieb über Schimmelflecken auf einer Mauer, die in ihm Bilder hervorriefen. Die Surrealisten haben oft Flecken für die Eigen- oder Publikumsinspiration gebraucht. In der Psychologie hat Dearbon seit 1898 Tintenflecken für seine Studien über das Vorstellungsvermögen verwendet. Danach haben viele andere Wissenschaftler (u. a. Bartlett und später Rorschach) diese Methode gebraucht.
Keine Lizenz zur Kreativität
Der Künstler zeigt sich hier nicht als Träger der Wahrheit, und seine Kunst ist nicht eine geniale Interpretation der Realität, sondern er stimuliert das Publikum, sich auszudrücken, und zeigt auf, dass die Kreativität nicht etwas ist, für das nur wenige Auserwählte eine Lizenz besitzen: wie in den vorangegangenen Ausstellungen wird die Publikumsinterpretation das wirkliche Kunstwerk sein. Die ausgestellten Bilder sind, wie immer bei Giovanni Di Stefano, nur Publikumsansporn.
On demand & für die Heimproduktion
Anhand eines Bilderkataloges kann ein Bild auf Leinwand beim Künstler bestellt werden.
Es ist aber auch eine DVD in der Ausstellung erhältlich, auf der nicht nur die Filme, sondern auch alle 79 Bilder zu sehen sind. Aus diesen kann sich die Käuferin oder der Käufer ein Bevorzugtes auswählen (oder alle) und zu Hause auf dem eigenen Drucker ausdrucken.